Retentionsbegehren

Miet- und Pachtzinsforderungen werden üblicherweise auf dem Wege der Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingetrieben. Bei der Vermietung bzw. Verpachtung von Geschäftsräumen hat die Vermieterin bzw. der Verpächter an den sich in den betreffenden Räumen befindlichen beweglichen Sachen, die zur Einrichtung oder Benutzung gehören, ein Retentionsrecht zur Sicherung der Zinsen für eine bestimmte Zeitspanne (Art. 268 ff. und Art. 299c OR). In der Praxis findet das Retentionsrecht vor allem in Bezug auf Büromobiliar und Maschinen (in Büros, Werkstätten oder Fabriken) Anwendung.

Ebenfalls steht der Stockwerkeigentümergemeinschaft an den in den Räumen eines Stockwerkeigentümer/in vorhandenen beweglichen Sachen, welche der Einrichtung oder Benutzung dienen, ein Retentionsrecht zu für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen, sofern die Stockwerkeinheit nicht vermietet ist.

 

Gewöhnliches Retentionsrecht und Faustpfand

Bei einem Faustpfand- oder einem gewöhnlichen Retentionsrecht hat der/die Gläubiger/in die gepfändete bzw. retinierte Sache in seinem Besitz (Art. 884 Abs. 1 und 3, Art. 895 Abs. 1 ZGB). Somit bedarf es keiner besonderen Sicherung, wenn er diese Gegenstände in einer Betreibung auf Pfandverwertung verwerten lassen will. Im Gegensatz dazu hat die Vermieterin oder der Verpächter von Geschäftsräumen bzw. die Stockwerkeigentümergemeinschaft im Allgemeinen keinen direkten Zugriff zu den in diesen Räumen befindlichen beweglichen Sachen. Durch die Retention soll ihm/ihr eine Sicherungsmöglichkeit gegeben werden.

Will die Vermieterin oder der Verpächter bzw. die Stockwerkeigentümergemeinschaft vom Retentionsrecht Gebrauch machen, so muss er/sie beim Betreibungsamt am Ort der vermieteten Sache bzw. des Stockwerkeigentums ein Begehren um Aufnahme eines Retentionsverzeichnisses stellen. Er/sie hat dies vor oder allenfalls mit dem Betreibungsbegehren zu tun. Da das Betreibungsamt danach einen Zahlungsbefehl auf Pfandverwertung und nicht auf Pfändung oder Konkurs ausstellen muss, kann der/die Gläubiger/in das Retentionsbegehren nicht erst nach der angehobenen Betreibung stellen.

 

Vorgehen

Das Betreibungsamt nimmt in den betreffenden Räumen ein Inventar der retinierbaren Gegenstände auf (Retentionsverzeichnis). Es kann sofern nötig, die Hilfe der Polizei oder der Gemeindebehörden anfordern, v.a., wenn der Schuldner die Vollzugsperson nicht in die Räumlichkeiten lässt oder Anzeichen dafür bestehen, dass er Retentionsgegenstände fortschaffen will (Art. 283 SchKG).

 

Retentionsverzeichnis

Ins Retentionsverzeichnis darf nur so viel aufgenommen werden, wie zur Tilgung der betreffenden Forderung nötig ist (Art. 97 Abs. 2 SchKG analog), und es dürfen nur Gegenstände retiniert werden, die auch pfändbar sind, somit keine Kompetenzstücke. Ein Verstoss gegen diese Regeln wäre mit Beschwerde zu rügen. Dritte, die an retinierten Gegenständen einen Anspruch erheben, können diesen im sog. Widerspruchsverfahren geltend machen. Bei der Betreibung auf Pfandverwertung gibt es keine Pfändung, weshalb das Widerspruchsverfahren erst angehoben werden kann, wenn das Verwertungsbegehren gestellt wird.

Über die im Verzeichnis aufgeführten Gegenstände darf der Schuldner nicht mehr verfügen. Das Retentionsverzeichnis hat in diesem Sinne eine ähnliche Wirkung wie die Pfändungsurkunde. Will der Schuldner das Retentionsrecht materiell bestreiten, so muss er dies mittels begründetem Rechtsvorschlag tun (BGE 90 III 101). Sodann kann er die Retention durch Hinterlegung der vom Gläubiger behaupteten Forderungssumme beim Betreibungsamt vermeiden.

 

Fortgang des Betreibungsverfahrens

Sofern der/die Gläubiger/in nicht schon das Betreibungsbegehren gestellt hat, setzt ihm das Betreibungsamt dafür eine Frist von 10 Tagen, bei fälligen Forderungen ab Zustellung der Retentionsurkunde, bei laufenden Forderungen ab deren Fälligkeit (Art. 283 Abs. 3 SchKG; BGE 105 III 86). Erhebt der/die Schuldner/in Rechtsvorschlag, so hat der/die Gläubiger/in innert 10 Tagen die Anerkennungsklage oder das Rechtsöffnungsbegehren zu stellen. Bei Nichteinhaltung dieser Fristen fällt die Retention dahin (BGE 106 III 31). Es soll dadurch verhindert werden, dass der Beschlag auf den Retentionsgegenständen unbefristet fortdauert. Die Betreibung ist auf dem Wege der Pfandverwertung durchzuführen.

Selbst wenn noch kein Retentionsverzeichnis erstellt wurde, darf der/die Schuldner/in die dem Retentionsrecht der Gläuberin/des Gläubigers unterstehenden Gegenstände nicht heimlich oder gewaltsam fortschaffen. Tut er das trotzdem, so kann der/die Gläubiger/in innert der ersten 10 Tage nach der Fortschaffung beim Betreibungsamt beantragen, dass diese wieder zurückgeschafft oder in Verwahrung genommen werden (Art. 268b Abs. 2 OR; Art. 284 SchKG). Der/die Gläubiger/in hat sein Retentionsrecht glaubhaft zu machen.

Streitigkeiten über die Rückschaffung von Retentionsgegenständen entscheidet der Einzelrichter im beschleunigten Verfahren (Art. 284 SchKG).